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Alt 25.09.2007, 09:51
Benutzerbild von Silke
Großherzog / Großherzogin
 
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Standard Aus einer Zeitung

10:48 | Dienstag, 25. September 2007

Wissen

Er will nur spielen

So genannte Kampfhunde sind in Tests nicht aggressiver als der nette Golden Retriever

Taucht ein Bullterrier auf, schlucken wir leer vielleicht will der Köter ja nicht bloss spielen. Denn «Kampfhunde» geniessen nicht den besten Ruf. Sie gelten als nervös und beisswütig. Darum existieren etwa in den Kantonen Genf, Wallis und Basel so genannte Rassenlisten, die den Besitz von «potenziell gefährlichen Hunden» streng regeln.

Doch die üble Reputation und die Rassenlisten haben keine wissenschaftliche Basis. Selbst die Bezeichnung «Kampfhund» ist kein kynologischer Begriff. So zeigen neuere Studien, dass die Aggressivität eines Hundes nicht von seiner Rasse abhängt, sondern von der Art und Weise, wie er gezüchtet und gehalten wird. Fazit: Ein Bullterrier kann zahmer sein als ein Golden Retriever.

Um den Charakter eines Hundes zu bestimmen, benützen Tiermediziner verschiedene «Wesenstests». Eine der umfangreichsten Studien mit 415 Kampfhunden haben Forscher an der Tierärztlichen Hochschule Hannover durchgeführt. Sie untersuchten die vierbeinigen Probanden zuerst medizinisch, um sicher zu sein, dass sie gesund und nicht unter Beruhigungsmitteln zum Test antraben. Dann mussten sie sich bewähren: Jogger rannten auf sie zu, Betrunkene bedrohten sie, oder die Tiere mussten angebunden warten und Passanten ignorieren.

Selbst in der Beissstatistik sind nicht Kampfhunde führend

So konnten die Veterinärmediziner zeigen, dass sich die Staffordshire Terrier, Bullterrier, Pitbullterrier, Dobermanns und Rottweiler zu 95 Prozent tadellos verhielten. Damit schnitten sie genau gleich gut ab wie die Kontrollgruppe mit den Familienhunden Golden Retriever. Alles in allem waren gar die Bullterrier die bravsten Hunde. «Die waren so friedlich, dass wir sie jetzt nochmals untersuchen», sagt Studienleiter Hansjoachim Hackbarth.

Ein Wesenstest gibt keine Garantie, dass ein Tier im Ernstfall nicht doch zuschnappt. Aber selbst in der schweizerischen Beissstatistik sind nicht die Kampfhunde führend: Von den rund 500 000 Hunden hier zu Lande sind Schäfer und Rottweiler überdurchschnittlich bissig. Bei Unfällen mit fremden Kläffern fallen auch die Sennenhunde negativ auf. Alle drei Rassetypen werden als Bewacher gezüchtet und ausser dem Rottweiler tauchen sie nie auf einer Rassenliste auf.

«Das andere Ende der Leine ist das, was wirklich zählt»

Auch wenn Kampfhunde im Test nicht angriffiger sind als Familienhunde, einen Unterschied gibt es doch: Beissen sie zu, ist der Schaden wegen ihrer kräftigen Kiefer in der Regel grösser, als wenn ein Pekinese zuschnappt.

Unbestritten ist auch, dass Aggression bei allen Hunden zur genetischen Grundausstattung gehört. Mit einer gezielten Zucht kann man die Aggressivität steigern oder aber die Friedfertigkeit fördern.

Letzteres belegt ein Experiment in Sibirien, wo seit 1959 Füchse gehalten und die zahmsten fortlaufend verpaart wurden. Über Generationen hinweg liessen die Füchse Menschen, ohne sie zu beissen, immer näher an sich heran. Und sie lernten, ihre Gesten zu lesen eine Fähigkeit, die typisch für Hunde ist und selbst von Menschenaffen unerreicht bleibt.

Umgekehrt kann man Hunde auf Kampftüchtigkeit trimmen. Im 18. Jahrhundert hatten Tierkämp fe in England ihre Blütezeit. Besonders populär war, Stiere gegen eigens gezüchtete Hunde die Bulldogs antreten zu lassen. Die Viecher verbissen sich in der Nase der Bullen und zwangen sie in die Knie. Kamen sie den Hörnern zu nahe, wurden sie bis zu 15 Meter weit weggeschleudert.

Als 1835 das blutrünstige Vergnügen verboten wurde, verlagerten sich die Kämpfe in die Illegalität der Hinterhöfe. Die dafür gezüchteten Hunde waren kleiner und wendiger. Beliebt war etwa das Ratkilling, ein Wettbewerb, bei dem ein Bullterrier Rekordhalter sein soll: 1869 habe er in weniger als drei Minuten 60 Ratten massakriert.

«Historisch bedingte Unterschiede zwischen Hunderassen lassen sich heute noch beobachten», sagt Thomas Althaus. Der Zoologe leitet die Fachstelle für Zuchtförderung und Zuchtentwicklung bei der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft in Bern. Doch Aggressivität sei nicht nur den Kampfhunden abverlangt worden: «Dackel wurden einst gezüchtet, um unter der Erde zu jagen. Sie mussten Dachse aus dem Bau treiben. Wenn ein Tier den Schwanz einzog, wurde es kaum zur Zucht zugelassen», sagt Althaus.

Schliesslich haben die Verbote von Tierkämpfen gegriffen. Für die Hunde wurden ästhetische Zuchtkriterien definiert, ihr Wesen soll ausgeglichen sein. «Heute», sagt Hansjoachim Hackbarth von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, «sind das reine Ausstellungstiere.»

Dass die Kampfhunde ihre streitbare Natur weit gehend verloren haben, liegt laut Hackbarth auch daran, dass nur ein geringer Teil des Verhaltens genetisch bedingt ist. Gerade mal für 8 bis 12 Prozent sei das Erbgut verantwortlich, schätzt Hackbarth. «Der Rest sind Umwelteinflüsse.» Und da komme der Mensch ins Spiel: «Das andere Ende der Leine ist das, was wirklich zählt.»

Und das wären Aufzucht und Haltung. Wie wichtig ein tiergerechtes Umfeld ist, zeigte 2003 eine Umfrage in Melbourne. Dort werden Hunde häufig in Backyards, den kleinen Grünflächen hinter den Einfamilienhäusern, gehalten. Das Ergebnis: Je grösser das Tier und je kleiner der Backyard, desto schlechter die Manieren. Die Hunde sprangen Leute an oder bellten endlos.

Auch bei uns hätten viele Hunde zuwenig körperliche und geistige Herausforderung, sagt Linda Hornisberger: «So können sie Stress nicht abbauen.» Die Tierärztin bildet Leute aus, die Welpenspielgruppen leiten. Die Junghunde sollen Tiere und Menschen kennen lernen. «Dann können sie später Konflikte spielerisch lösen.» Das zeigt eine englische Studie aus dem Jahr 2002: Hunde, die in den ersten sechs Lebensmonaten wenig Kontakt zu Menschen hatten, reagierten in einem städtischen Umfeld vermehrt mit Aggression auf fremde Leute.

Rassenlisten nützen gegen Problemhunde kaum

Zentral ist auch die Erziehung. Eine Umfrage in Grossbritannien kam letztes Jahr zum Schluss, dass Hunde, die häufig mit Bestrafungen erzogen wurden, eher Verhaltensauffälligkeiten zeigten. Hunde hingegen, die für korrektes Verhalten belohnt wurden, waren folgsamer.

«Gerade bei Hunden, die illegal zum Kämpfen abgerichtet werden, spielen mangelnde Sozialisierung und brutale Bestrafungen eine zentrale Rolle», sagt Dennis Turner, Direktor des Instituts für angewandte Ethologie und Tierpsychologie (IET) in Hirzel. Aus seiner früheren zehnjährigen Tätigkeit am Tierspital Zürich weiss er: «Die extrem seltenen Fälle von aggressiven Hunden stammten allesamt aus dem Rotlichtmilieu.»

Problemhunde könnten mit Rassenlisten kaum verhindert werden. Die Listen helfen auch wenig, um potenziell gefährliche von ungefährlichen Individuen zu unterscheiden. Deshalb hat das Bundesamt für Veterinärwesen bereits im Jahr 2000 davon abgeraten, Restriktionen gegen einzelne Hunderassen vorzunehmen.
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Alexander Freiherr von Humbold
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  #2 (permalink)  
Alt 25.09.2007, 11:08
Benutzerbild von Faltendackelfrauchen
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Klasse Artikel,

vor allem hat mir dieser Absatz gefallen, der in dieser Form bisher noch nirgens stand (ich habe es zumindest vorher noch nie irgendwo gelesen):

"Zentral ist auch die Erziehung. Eine Umfrage in Grossbritannien kam letztes Jahr zum Schluss, dass Hunde, die häufig mit Bestrafungen erzogen wurden, eher Verhaltensauffälligkeiten zeigten. Hunde hingegen, die für korrektes Verhalten belohnt wurden, waren folgsamer."
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  #3 (permalink)  
Alt 25.09.2007, 11:29
Benutzerbild von Silke
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Sehe ich genauso
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Alexander Freiherr von Humbold
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  #4 (permalink)  
Alt 25.09.2007, 12:27
Benutzerbild von Erna
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Das ist ja mal ein Artikel der mir gefällt. Sehr neutral und auch mit der richtigen "Schuldzuweisung". Nur leider liest man solche Artikel viel zu selten und in den Köpfen der Leute ist das alles noch nicht angekommen.
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LG
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  #5 (permalink)  
Alt 25.09.2007, 15:55
Corae99
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schließe mich an!

Allerdings sollte dieser Artikel mal unseren ranghohen Politikern vorgesetzt werden, damit man sie vielleicht in sachen Listenhunde doch noch umstimmen kann, das Gesetz abzuändern oder - mir am liebsten - ganz aufzuheben.

Schließlich zeigen die deutschen Beissstatisken dasgleiche!!!

Diese Gesetz bringt mich immer wieder auf die Palme
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  #6 (permalink)  
Alt 25.09.2007, 16:05
Benutzerbild von Pinkdevil
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endlich einmal ein lesenswerter Artikel der gedruckt wurde!


ich verstehe euch in Deutschland gut mit den Auflagen usw.


zum Glück ist das bei uns in Österreich nicht, ich pers. hätte keine Probleme damit auch mein Hund nicht aber man erspart sich schon einiges


LG Lis
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  #7 (permalink)  
Alt 25.09.2007, 18:03
Benutzerbild von Simba
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Also aus meiner Sicht ist Bosheit bei Hunden vererblich.
Beispiel: Ich besuche einen hundeerfahrenen wirklich guten Freund, der hat einen 17 Wochen alten Dogo Argentino x Pittbull Mischling.
Simba und der andere haben sich anfänglich gut verstanden, wir waren im Wald spazieren etc.
Als wir zurückkamen hat der Dogo versucht Simba (wie gesagt Simba 14 Wochen, der Dogo 17 Wochen) ernsthaft zu verletzen.
Das empfand ich als nicht normal. Mein Freund sagte mir dann, dass dieses Verhalten bei dieser Rasse normal wäre und dass die ja schließlich eine Kieferkraft von 1,7t auf einen Quadratzentimeter hätten (was natürlich Blödsinn ist, da würde jeder Kiefer zerbrechen)und das Verhalten und die Beiskraft eines Hundes in keinem kausalen Zusammenhang gebracht werden können...
Ich habe meinem Freund erzählt, er müsse seinen Welpen mit aller Konsequenz erziehen, dass das so nicht gehen würde. Und das so ein Pittbull oder vergleichbare Hunde nicht viel mehr Kieferkraft haben als andere Hunde (Beispiel: Damals hatte ich von Herrn Walt Weisse einen Mastino Napoletano und war in Hamburg an der Außenalster spazieren. Als plötzlich 2 Pittbulls von irgendwelchen Milieuleuten ihn attackierten, obwohl er bei mir an der Leine war. Ich sagte den Leuten sie müssen ihre sofort an die Leine nehmen, sonst müsse ich meinen losmachen. Er blutete zu diesem Zeitpunkt schon an der Pfote. 2 Minuten später hatten wir 2 tote Pittbulls an der Alster liegen, ich eine Anzeige, aber später einen Freispruch bekommen)
Also aus meiner Sicht ist Boshaftigkeit vererblich, kann aber auch anerzogen werden.

LG

Markus
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denn sie hinterlassen Spuren in unserem Herzen

Geändert von Simba (25.09.2007 um 22:08 Uhr) Grund: ergab keinen Sinn
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  #8 (permalink)  
Alt 25.09.2007, 18:52
Benutzerbild von Silke
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Die Falsche Aussage von deinem Freund über die Beiskraft des Hundes hätte dir schon zu denken geben müssen!! Anscheinend findet er dieses Verhalten normal und bestärkt somit den Welpen!!! Hat wohl doch auch was mit Prägung zu tun!!!
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Liebs Grüßle Silke

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Alexander Freiherr von Humbold
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  #9 (permalink)  
Alt 25.09.2007, 19:21
Benutzerbild von Simba
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Da geb ich dir wirklich recht, wollte damit nur sagen das wir schöne große und starke Hunde haben, die in erfahrene Hände gehören.
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  #10 (permalink)  
Alt 26.09.2007, 05:23
Benutzerbild von Monty
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ja ja und alle Kinder von kriminellen sind auch potentielle Verbrecher und müssen vorab verurteilt werden


hier ist die im Artikel beschriebene Dissertation


http://www.tiho-hannover.de/service/...ldj_2005ss.pdf


zum Artikel selbst, selten einen so gut recherierten Bericht gelesen
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L.G Monty und die Rasselbande:

http://www.youtube.com/watch?v=c2Qlw3pzWv4
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